Mit dem ersten Augenaufschlag dreht sich die Welt genauso unrund weiter wie gestern. Mein Kopf schmerzt schon wieder, genau da, wo ich alles sehe und höre. Die Morgennachrichten haben nichts Neues zu sagen, aber müssen neue Wege finden, das Alte von gestern dramatischer zu sagen, sonst fühlen wir uns nicht unterhalten, verlieren die Aufmerksamkeit. Es sind dieselben Beschwerden, die die beschwerliche Lage noch beschweren.
Ich fahre die Straßen, die frühmorgens noch leer und unberührt in der Stadt liegen und weiß nicht mehr, wann ich zuletzt wirklich dort unterwegs war, einfach um dort zu sein. Wann ich zuletzt das Gefühl hatte, lebendig anstatt beschäftigt zu sein. Wann ich zum letzten Mal gelebt und nicht nur gearbeitet habe.
Der Kopf pocht stärker auf der Autobahn. Woher kommt nur diese Wut auf den Drängler hinter mir und den Lahmarsch vor mir. Gehupe, ungeduldige Spurwechsel, einer ist am Handy, mindestens zehn können auch ohne Handy kein Auto fahren. Aber sie alle denken, ihre Fahrt ist am wichtigsten. Wir nehmen uns alle so wichtig und das, was wir tun, da ist kein Platz mehr für Rücksicht auf andere. Auch nicht auf einer vierspurigen Autobahn. Es muss alles schneller gehen. Im Radio auf der Arbeit ist wieder einem Musiker eingefallen, wie er das schnelle Geld macht. Ein Lied covern und mit schnellen Bässen unterlegen. Es muss alles schneller gehen. Sie wechseln sich ab an der Spitze der Charts und es ist ihnen egal, dass sie alle so gleich klingen, dass niemand sie unterscheiden kann. Darauf kommt es nicht an, Hauptsache es kommt alles schnell: Geld, Erfolg, Fame.
Jeder will ein Stuck vom Kuchen. Natürlich nur für sich. Sie füllen meinen Kopf mit ihren Geschichten, als hätten sie auch Anspruch auf einen Platz dort. Es fühlt sich an, als platze mein Schädel von innen.
Immer höher und höher muss ich springen, oben hängt eine Karotte, die ich nicht gewinnen will. Sie bedeutet mir so wenig, wie die Aussicht jenseits der Hürde, das Lob, das dort auf mich niederregnet. Es ist ein Hürdenlauf, den ich nicht gewinnen kann, weil es für mich nichts zu gewinnen gibt.
Wir denken unsere Währung ist Geld, aber unsere wirkliche Währung ist Zeit. Ich muss Tabletten nehmen, die meinen Kopf beruhigen, die die Frage lähmen, was ich alles ändern sollte. Die Tage werden länger, die Abende kürzer, auch die Entspannung muss schneller gehen.
Die Hektik geht in meinem Kopf weiter, ich finde keine Ruhe, nur im Schlaf, bevor alles wieder von vorne losgeht. Die einzige Medizin dagegen bist Du. Du machst meinen Kopf leer und frei und füllst ihn mit den wichtigen Dingen. Du gibst meinen Sorgen, der Wut und all den Plänen eine Pause. Du zeigst mir worauf es wirklich ankommt im Leben, klärst meinen Blick. Mit dir ist alles bunter, langsamer und stiller. Der Gedanke an dich, füllt mich mit Leben. Du bist meine Medizin gegen den Alltag.
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