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Mächtige Zweifel

Ich bin das, was dich mehr quält als alles andere, was du kennst. Obwohl ich nicht einmal real bin. Ich werde nur durch dich real. Du manifestierst mich und genau darin liegt meine Genialität. Du bist chancenlos. Du spürst nur meine Macht über dich und wenn du klug bist, macht dir das Angst. Du kannst dir nicht erklären, woher ich komme, wieso ich ausgerechnet dich be­fallen habe. Alle anderen scheinen mich nicht zu kennen, mir keinen Zutritt zu ihren Gedanken zu gewähren. Zumindest zeigen sie mich nicht als Mitbewohner, während du so langsam glaubst, meine Fratze starrt dich morgens im Spiegel an.

Sie lügen.

Sie alle kennen mich. Ich bin der am besten getarnte Parasit im menschlichen Gehirn. Und meine stärkste Fähigkeit ist, dich zu über­zeugen, dass es dir allein so geht und du mit mir und allem, was ich über dich bringe, allein fertig werden musst. Aber lass mich von vorne anfangen, während ich es mir bei dir gemütlich mache, mir ganz eigene, neue Trampelpfade in deinem Gehirn anlege. So fängt es an.

Ich streue meine Saat und flüstere dir ins Ohr. Du kannst das nicht. Es wird nicht funktionieren. Ich erinnere dich an all die Momente in deiner Vergang­enheit, in denen du schon einmal bloßgestellt wurdest. In denen du nicht genug warst und ge­scheitert bist. Du spürst wieder, wie du dich gefühlt hast, als du verlassen wurdest, als deine Freunde dich im Stich gelassen haben, was die Kritik deines Chefs und deiner Eltern angerichtet hat. Jede deiner Emotionen nährt mich. Ich nehme deine Emotionen und verwende sie gegen dich. Impfen dir diese Ängste wieder und wieder ein. So viele der Dinge, die du dir vorgenommen hast, sind letztlich nicht so gelaufen, wie du dir das vorgestellt hast. Vieles hast du nicht so geschafft, wie du das wolltest.

Spürst du es? Wie das Leben mit all seinen Unwägbarkeiten auf dich drückt? Spürst du dich kleiner werden und dein Versagen größer? Der Entschluss, dich nicht aus deinem sicheren Hafen hinauszubewegen formt sich in dir. Es erleichtert dich und bindet mich an dich. Jetzt gehörst du mir. Ich erinnere dich daran, wie viele da draußen etwas versuchen und scheitern, wie gering die Chance ist, Erfolg zu haben. Ich habe mir mittlerweile eine kleine Stadt in deinem Kopf ge­baut. Du willst jetzt lieber auch sichere Mauern, nicht zeigen, wer dir innewohnt. Die anderen tun es auch nicht. Niemand will Schwäche zeigen oder wie ich dich glauben mache, niemand außer dir, hat diese Schwäche. Deine Ängste, deine Zweifel, ich rede dir ein, das du damit alleine fertig werden musst. Du erkennst nicht, dass niemand der Anderen, zu denen du für Ratschläge rennst, genauso wenig Antworten hat. Sie sind unwissend, auch sie sind von mir geplagt und geben es nicht zu. Auch sie wollen Stärke demonstrieren. Sie mögen das Beste für dich wollen aber können es nur von ihrem sicheren Hafen, angekettet an mich beurteilen. Sie werden nicht sagen, verlass dich auf dich, tue was richtig für dich ist. Sie verlassen sich nur noch auf mich. Ich bin die einzige Wahrheit, die sie kennen. Dabei bin ich nicht real.

Dein Ausbrechen würde ihre sichere Existenz bedrohen. Alle die, die es geschafft haben, haben doch Glück gehabt, sind irgendwie besonders.  Das sind die Sachen, die sie glauben müssen. Sonst zerreißt sie die Frage, ob sie sich nicht vielleicht doch strecken sollten. Versuchen das zu haben, was diese Leute haben. Hin und wieder taucht etwas vor ihrer Nase auf, genau wie bei dir. Lässt sie sehen und hoffen. Und quält sie, denn ich bin so groß und so mächtig in ihrem und deinen Kopf, das ihr nicht mehr an euch glaubt.

 

Ich kontrolliere deine Realität und bin nicht real. Ich bin etwas viel Schlimmeres. Ich bin deine Vorstellung und deine Gedanken. Du kommst nicht gegen mich an. Du hättest dich den Anfängen verwehren sollen, erkennen sollen, dass mehr da ist als das Offensichtliche. Das es noch eine andere Perspektive gibt, das es wichtiger ist, wie du die Dinge wahrnimmst. Das letztendliche Resultat kannst du nie beeinflussen. Du kannst gute Arbeit leisten und trotzdem nicht befördert oder sogar gefeuert werden. Ist es wirklich wichtig, wie und ob diese ganz bestimmten Vorgesetzten deine Leistung bewertet haben? Oder gibt es dir mehr Macht zu wissen, was du kannst, was du gelernt hast und genau das weiterhin zu zeigen. Aus dem einfachen Grund, das es das ist, was du bist. Sollte im Vordergrund stehen, dass du verlassen wurdest oder wie und ob du gekämpft hast? Bleibst du dir treu oder mir? Wir wissen beide, du kannst nur noch mir treu bleiben. Eine andere Denkweise existiert für dich nicht mehr. Du siehst das Flugzeug abstürzen, bevor du es besteigst. Deine Gedanken wurden enteignet. Willst du versuchen, sie dir zurückzuholen? 

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