Ich weiß sofort, wenn ich von dir geträumt habe. Meine Augen sehen die ersten Sonnenstrahlen des Tages durch die Fenster fallen, mein Kopf ist noch vom Schlaf benebelt, erlaubt keine Erinnerungen an meine Träume. Doch ich spüre es in meinem Körper. Du hängst mir in den Knochen. Ich höre die Frage, die du mir im Traum gestellt hast: Warum bist du einfach so gegangen?
Sie schläft noch neben mir. Der Wein vom gestrigen Abend hat sie auf die Bretter geschickt. Ich habe seit Ewigkeiten am Wochenende nicht mehr ausgeschlafen. Verlängerte Wochenenden sind am schlimmsten. Ich stehe auf, schleiche mich in die Küste, mache mir einen Kaffee und ein kleines Frühstück. Dazu schalte ich den Fernseher ein. Es ist mir egal was kommt, Hauptsache es kommt etwas und füllt die Stille in mir, vertreibt dich. Der Himmel ist wolkenlos, die Blautöne sind beeindruckend. Die Sonne wandert immer höher, wärmt die Erde auf. Es ist ein herrlicher Frühsommertag. Du könntest überall sein. An einem See mit anderen Menschen, im Kurzurlaub mit deiner neuen Liebe. Allein die Vorstellung, dass du jemand anderen so im Arm hältst wie einst mich, nimmt mir den Atem. Verlängerte Wochenenden sind am schlimmsten.
Ich beginne die Wohnung zu putzen. Sie steht auf, macht sich einen Kaffee. Wir setzen uns auf den Balkon für ein zweites Frühstück. Wir reden über das Fest am gestrigen Abend, über die Mengen an Wein, die wir und unsere „Freunde“ getrunken haben.
Ich muss daran denken, wie ich nach dir Ausschau gehalten habe. Aber du warst nicht du. Das Reden hilft dich zu vertreiben. Das Städtchen unter uns liegt ruhig da. Einige Radfahrer fahren unten auf der Straße vorbei.
Ihre Mutter steht im Garten und ruft hoch. Wir wollen grillen, mit ihrem Bruder und den Kindern. Das Wochenende ausklingen lassen, bevor die Arbeit morgen wieder beginnt. Ich zünde mir eine Zigarette an und sage mir, dass alles gut ist. Ich will mir den Schatten und die Schuld von der Seele reden. Für eine Weile funktioniert es. Wir grillen, die Kinder kreischen, ich trinke ein Bier. Und plötzlich ist es später Nachmittag. Wir setzen uns wieder auf den Balkon. Ich rauche noch eine Zigarette. Ich frage mich schon lange nicht mehr, was ihre Familie von uns als Paar denkt. Sie haben uns unzählige Male streiten gehört. Im Augenblick hören sie gar nichts. Wir streiten uns nicht einmal mehr. Wir schweigen. Und in diesen Situationen wirst du wieder laut.
Ich frage mich, was für ein Paar sie und ich sind. Ich kenne die Antwort: Keines. Verlängerte Wochenenden sind am schlimmsten. Sie sieht etwas Witziges auf ihrem Handy und lacht, als sie es mir zeigt. Unsere Kommunikation scheint nur noch daraus zu bestehen. Ich sag ihr, dass ich müde bin und mich vor den Fernseher lege. Sie murmelt, dass ich eben länger schlafen sollte. Sie ist genauso unglücklich wie ich. Verlängerte Wochenenden sind am schlimmsten. Ich bin froh, dass morgen die Arbeit wieder meine volle Aufmerksamkeit verlangen wird. Ich werde keine Zeit haben, an dich zu denken. Ich werde dich aus meinen Knochen schütteln. Dich und all die Fragen, die du mir in meinen Träumen stellst. Der Fernseher betäubt meine Schuldgefühle und lässt mich auf dem Sofa einschlafen. Seitdem ich von dir fort gegangen bin, fliehe ich vor mir selbst.
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